30 jahre

SCHMÜCKENDES & SCHÜTZENDES 

Installation in der Galerie Oberstdorf/ Trettachhäusl

 13. -28. 11. 2021

Für gewöhnlich spielt der Ort des Kunstgeschehens, also die Galerie, das Museum, die Kunstmesse nur insofern eine Rolle als das er die Kunst möglichst gut zur Geltung bringen soll. Der White Cube wird seit 100 Jahren immer noch als das beste Konzept angesehen um Kunst möglichst ohne Interaktion mit der Architektur erfahrbar zu machen. Die Betrachter sollen möglichst unabgelenkt vom räumlichen und sonstigem Kontext den Blick auf das einzelne Kunstwerk fokussieren. Meine Kunstpraxis hingegen geht vom Ort und seinem Kontext aus. Das Trettachhäusl mit seiner fast 400 jährigen Geschichte hat mich in seinen Bann gezogen. Vor allem Weißgerber haben das Haus über Generationen als Werkstatt und Wohnstätte benutzt. Sie haben aus den Tierhäuten weiches, weißes kostbares Leder gewonnen. Leder für Bekleidungsstücke, die den fragilen Körper des Menschen schützen. Anfang des 20. Jahrhundert wurde das Haus an einen Goldschmiedemeister verkauft. Seit 2017 beherbergt es nun wechselnde Kunst aller Art und vereinigt damit in seinen Räumen das Handwerkliche, das Künstlerische, das Schmückende und das Schützende in all seinen Facetten. Ich kann das Haus wahrnehmen als organisches Gebilde, als würden die Räume, die Wände, das Holz all das Empfangene wieder ausatmen und eine einzigartige dichte Atmosphäre schaffen. Immer erlebe ich, wenn ich mich intensiv mit einem Ort beschäftige so etwas wie Synchronizität. Das Vergangene, das Gegenwärtige und sogar das Zukünftige sind gleichzeitig spürbar. Als gebe es um mich und um die Dinge herum eine Art Gewebe welches sich verdichtet und Gestalt annimmt. Und dieser Prozess wird in materiellen Trägern aller Art in einer Installation sichtbar. Installation kommt von lateinisch einrichten. Und genau das ist es was ich mache. Ich richte die Kunst ein, die verdichteten Gestalten in Form der passenden materiellen Trägern, vom gefundenen Holzstück bis zum digitalen Print.


Meine künstlerische Praxis, die 1991 an der Kunstakademie Münster begann feiert im Jahr 2021 ihr 30jähriges Bestehen. Sie ist unabhängig von Kunstmarkt und Auftraggebern. Für mich soll Kunst keine Ware sein und mein künstlerisches Schaffen frei von jedem Müssen. Ich arbeite was auch immer es an dem Ort wo ich gerade lebe zu arbeiten gibt um meine Freiheit in der Kunst zu bewahren. Und überall wo ich gearbeitet habe bin ich auf Menschen getroffen, die Künstler sind und die lieber die Unsicherheit wählen um sich ihre Freiheit zu bewahren. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes Lebenskünstler. Vorbilder, wie Unsicherheit auszuhalten ist in diesen unseren wahrlich unsicheren Zeiten.

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